Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu
 
strokestrokestrokestroke
 
Heizung an - Reichweite sinkt?
 
Immer wieder höre ich skeptische Behauptungen zur enormen Reduzierung der Reichweite eines E-Autos, wenn man das Licht einschaltet oder die Heizung im Winter betreibt.
Es wird Zeit die dabei genannten Zahlen „kommt man nur noch halb so weit“ auf eine nachrechenbare Basis zu stellen.
Also Taschenrechner raus und selber rechnen!
 
Ein Elektro-Mittelklasse PKW benötigt etwa 17 kWh an elektrischer Energie auf 100 km. Deshalb kommt man mit der eingebauten 22 kWh Batterie, die eigentlich ein Akku ist, etwa 130 Kilometer weit.
Daraus errechnet sich ein Wert pro Kilometer von 170 Wh.
 
Licht:
Eine H4-Birne 60/55 weist eine Leistungsaufnahme von 55 Watt auf. Das Fernlicht 60 Watt. Eine Glühlampe für das Rücklicht schlägt mit 5 Watt zu buche. Da jeweils 2 davon verbaut sind, erhalten wir einen gesamten Energieverbrauch von 120 Watt. Okay, okay, das kleine grüne Signallämpchen im Cockpit braucht auch noch 0,1 Watt, also sind‘s zusammen 120,1 Watt.
Wenn wir also eine Stunde lang mit Licht fahren, dann macht das gerundet 120 Wh. Entspricht einer Reichweitenreduktion von 0,7 km.
Wow! Damit wäre das Märchen vom brutal hohen Stromverbrauch zu Ende.
Ach ja, kritische Leser werden jetzt einwerfen, man schalte auch ab und zu das Fernlicht ein. Stimmt! Dann kommen wir eben auf 1 km Reduktion.
 
Sitzheizung:
Einen warmen Hintern gibt‘s im Auto für etwa 105 Watt.
Wenn wir alleine eine Stunde lang mit Sitzheizung fahren, dann gibt es das für 105 Wh, das entspricht einer Reichweitenreduktion von 0,6 km
 
Radio:
Ein Radio mit mittlerer Lautstärke betrieben weist eine Stromaufnahme von 1,5 bis 10 Ampere, als0 bei 12 Volt, zwischen 18 und 120 Watt auf.
Wenn wir also eine Stunde lang laut Radio hören, dann macht das maximal 120 Wh. Entspricht einer Reichweitenreduktion von 0,7 km.
Dafür klingen Ihnen die Ohren, wenn Sie aussteigen und eigentlich haben Sie nichts mehr vom lautlosen Fahren eines E-Autos wahrgenommen.
 
Heckscheibenheizung:
Dafür müssen wir schon mit einer Leistungsaufnahme von 150 Watt rechnen.
Wenn wir also eine Stunde lang mit Heckscheibenheizung unterwegs sind, dann macht das genau 150 Wh und entspricht einer Reichweitenreduktion von 0,9 km.
 
Lüftung:
Man glaubt es kaum, aber in Mittelstellung beträgt die Leistung 170 Watt.
Wenn wir also eine Stunde lang das Gebläse laufen lassen, dann macht das genau 170 Wh und entspricht einer Reichweitenreduktion von 1,0 km.
 
Klimaanlage:
Die Leistungsaufnahme schwankt zwischen 200 Watt und 1500 Watt je nachdem, wie kalt man die Einstellung wählt. Gehen wir mal von einem heißen Sommer aus, so müssen wir 1500 Watt rechnen.
Wenn wir also eine Stunde lang klimatisiert unterwegs sind, dann macht das gerundet 1,5 kWh. Macht eine Reichweitenreduktion von 9,0 km.
 
Heizung:
Jetzt wird‘s heftig! Während bei einem Verbrennungsmotor die enorme Abwärme von etwa 65% zum Heizen quasi „gratis“ zur Verfügung steht, da diese sonst über den Kühler in die Umgebung abgeführt wird, muss bei den energie-effizienten E-Autos eine zusätzliche Heizung verbaut werden. Dies erfolgt i.a. mit einer Art elektrischem Tauchsieder für flüssigkeitsbetriebene Heizungen oder mit einer Art Haarfön bei reinen Luft-Systemen.
Heizungen zwischen 2,5 und 7,5 kW sind je nach Fahrzeugklasse „verbaut“.
Nehmen wir einen Mittelwert von 5 kW und heizen eine Stunde lang damit, dann macht das gerundet 5000 Wh. Das entspricht einer Reichweitenreduktion von 29,4 km. Dies ist im Gegensatz zu allen anderen Verbrauchern im E-Auto tatsächlich nicht mehr vernachlässigbar.
 
elektrischer Fensterheber:
naja jetzt reicht`s aber! Betätigen Sie ständig während der Fahrt die elektrischen Fensterheber?   :-)
 
Aber!
Jetzt kommt‘s.
Den Energieverbrauch des größten Stromabnehmers im Fahrzeug haben wir noch gar nicht betrachtet, den des Elektromotors selbst.
Dieser genehmigt sich nämlich lastabhängig seine Leistung. Es gibt derzeit Fahrzeuge auf dem Markt, bei denen Motoren mit einer Leistung von 13 kW (Renault Twizy) bis 310 kW (Tesla Model S) verbaut sind.
Damit werden „Verbräuche“ von 9 bis 20 kWh erzielt. Nehmen wir einen Mittelwert von 15 kWh an, was einen durchaus realistischen Wert darstellt, so bedeutet dies, daß kein Verbraucher im Auto neben dem Motor mehr als 1/3 an Energie verbraucht, als die Antriebseinheit selbst.
Die Gesamtheit aller Nebenverbraucher schlägt sich im ungünstigsten Fall mit 7,2 kWh nieder, obwohl kaum jemand heizt und gleichzeitig kühlt, aber egal. Tun wir mal so.
Im Vergleich mit den 15 kWh des Motors erscheint das recht üppig.
Jedoch:
Durch eine vorsichtige Behandlung des Gaspedals kann man den Verbrauch des Motors bei einem elektrisch angetriebenen Fahrzeug um den Faktor 3 reduzieren.
Klingt nicht viel, ist es praktisch jedoch schon.
Konkret bedeutet das, daß Sie selbst bestimmen können, ob Sie mit 25 kWh oder mit 8,5 kWh die 100 km zurück legen, je nachdem wie sportlich Sie fahren. Ganz gleich für welchen Fahrstil Sie sich entschieden haben, sind die 7,2 kWh aller gleichzeitig eingeschalteten Nebenverbrauchern entweder stattliche 46% oder eben nur 22%.
Anders formuliert können Sie durch einigermaßen vorausschauendes Fahren und eine Fortbewegung bei Geschwindigkeit 100 statt 130 km/h auf der Autobahn obigen 7,2 kWh locker wieder „einsparen“.
Diesen Unterschied schaffen Sie mit einem Verbrennungsmotor nicht. Weshalb? Ganz einfach, weil Sie 2/3 Ihrer Energie fortwährend als Abwärme eh in die Umgebung durch den Kühler und den Auspuff blasen. Ständig. Egal ob Sie einen Meter fahren oder gar keinen und an der Ampel stehen.
 
Thomas Scharpf
Samstag, 18. Oktober 2014
Nebenverbraucher im Auto
wieviel Energie brauchen diese wirklich?
Übersicht
aller Berichte