Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu
 
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Wasserstoffantrieb
 
IFEU-Mitglied Hansjörg Pfeifer hatte aufgrund eines Leserbriefs in der auto motor und sport 14/2018 folgende Fakten zur Thematik Wasserstoffantrieb zusammen gestellt:
 
 
 
 
 
Sehr geehrter Herr Tigler,
 
das Thema Elektromobilität bewegt mich wie Sie wahrscheinlich schon seit Jahren.
Als erstes würde mich interessieren, ob Sie damit bereits praktische Erfahrungen sammeln konnten.
Ich selbst fahre seit 4 ½ Jahren BMW i3, anfangs mit 22 kWh Bruttokapazität, jetzt mit 33 kWh, zukünftig mit 42 kWh – alles im gleich großen Batteriekasten unterflur angeordnet – und wahrscheinlich alles weiterhin jeweils zum gleichen Anschaffungspreis. Leasing empfiehlt sich, um dem Nachteil der Veralterung aufgrund des technischen Fortschritts zu entgehen.
 
Denken Sie als erstes an die Eisenbahn von vor über 100 Jahren, da hatte man bereits begonnen, die Dampfloks durch E-Loks zu ersetzen.
Auch heute ist dieser Vorgang noch im Gange, gegenwärtig werden die Strecken (Geltendorf-)Buchloe - Lindau und Ulm - Friedrichshafen-Lindau elektrifiziert. Neubaustrecken werden sowieso elektrisch.
Der Lkw-Verkehr könnte schließlich auf den rechten Autobahnspuren im Konvoi-Betrieb zunehmend auf O-Bus-Technik umgestellt werden, erste Versuchsstrecken gibt es in Schweden und demnächst in Hessen.
 
Nun zu den normalen Fahrzeugen (Autos):
Weshalb nicht mit der Brennstoffzellentechnik (funktioniert mit Wasserstoff oder Methan, übrigens auch mit Methanol), sondern Batterie-elektrisch?
Batterien stehen allmählich erst jetzt an der Schwelle der praxistauglichen technischen Nutzbarkeit (Wirtschaftlichkeit und Leistungsdichte).
Die 100 %ige Umstellung auf Batterie-elektrisch wird meiner Einschätzung nach so nicht kommen (obwohl momentan so publiziert).
Kommen wird ein Mix, bestehend aus Biomethan-Verbrennungsmotoren, Brennstoffzellen und rein Batterie-elektrischen Motorantrieben.
 
Nachfolgend eine Gegenüberstellung hinsichtlich des CO2-Ausstoßes von Straßenfahrzeugen (qualitativ)– insbesondere was die Verwendung von Biomethan (statt Wasserstoff) angeht.
 
Die CO2-minimalste Fahrweise ist die Batterie-elektrische, wenn man den Strom aus Windkraft oder Sonnenlicht herstellt.
Hier hat man aber einen einmaligen CO2-Ausstoß bei der Herstellung der Solarzellen und der Fahrbatterie (sowie deren Entsorgung/Recycling).
Wenn ich Strom aus Biogas herstelle und damit Batterie-elektrisch fahre, muss ich zusätzlich den anteiligen laufenden CO2-Ausstoß für den Anbau, die Ernte und die Düngemittelherstellung zur Gewinnung der Einsatzstoffe sowie die Erstellung (einmalig) und den Betrieb der Biogasanlage rechnen (dafür fällt einmalig der CO2-Ausstoß bei der Herstellung der Solarzellen weg).
Wenn ich in Zeiten von Stromüberschuss den Strom aus Biogas nicht herstelle, sondern das Biogas zurückhalte und speichere, habe ich indirekt gespeicherten Strom in Form von Biogas verfügbar.
Aus unserer letzten Weihnachtskarte geht hervor, dass man dieses Überschussstrom-Biogas auch ins Gasnetz schicken und dort fast endlos speichern und damit dann Biomethan-elektrisch fahren kann.
Ich muss dazu das Rohbiogas vom CO2 befreien (um Methan zu erhalten) und dann das Biomethangas auf Netzdruck komprimieren (was Strom erfordert), beides erhöht die CO2-Bilanz unwesentlich.
Die CO2-Bilanz wird aber einmalig zusätzlich erleichtert, indem auch noch der CO2-Ausstoß bei der Herstellung der Fahrbatterie wegfällt und stattdessen für das Auto ein Verbrennungsmotor und CNG-Gasspeicher produziert werden müssen, dessen Herstellung weniger CO2-intensiv sein wird (Aluminium, Stahl, voll recycelbar).
Das Tanken erfolgt an bestehenden CNG-Tankstellen rein bilanziell, zum Fahren dienen handelsübliche oder neu entwickelte Erdgasautos (VW hat aktuell eine neuen Erdgasauto-Kampagne gestartet).
Jetzt zum Fahren mit Wasserstoff (BMW setzt derzeit noch voll darauf  - auf das Fahren mit dem H2-Verbrennungsmotor):
Ludwig Bölkow sel. hat ja seinerseits das Wasserstoffzeitalter vorhergesagt, mit der Stromerzeugung in der Wüste Sahara und dem Transport des Wasserstoffs über das Mittelmeer zu uns.
Wasserstoff wird derzeit großtechnisch aus Erdgas (fossil) hergestellt und mit Tankfahrzeugen ausgefahren (UN-Nummer 1049, Gefahrnummer 23).
Später soll Wasserstoff mittels Elektrolyse aus dem zunehmend erwarteten Überschussstrom gewonnen werden. Soweit der Strom CO2-frei ist (wie unter 1.) lässt sich Wasserstoff aus Überschussstrom praktisch CO2-frei herstellen.
Leider ist das Gasnetz für die Wasserstoffmoleküle nicht ganz so dicht wie für Methan, folglich lässt sich das bestehende Gasnetz wahrscheinlich nicht so ohne Weiteres auf Wasserstoff umstellen.
Das Gasnetz wäre aber ungenutzt, sobald der Verbrauch von Erdgas auf null heruntergefahren worden ist (vorher werden Heizöl, Diesel und Benzin auf null heruntergefahren).
Meiner Einschätzung nach wird das Erdgas im Leitungsnetz durch Biomethan ersetzt.
Dazu wird der aus dem Stromüberschuss gewonnene Wasserstoff (sofern nicht direkt als Wasserstoff verwendet) zu Methan aufkarboniert (4 H2 + CO2 = CH4 + 2 H2O).
Oder es wird, wie unter 3., das Biomethan aus dem Rohbiogas gewonnen, indem das CO2 abgesondert wird (45 % CO2 sind im Rohbiogas ländlicher Biogasanlagen enthalten).
Wenn es räumlich passt, kann das Rohbiogas-CO2 direkt zum Aufkarbonieren des Wasserstoffs zu Biomethan verwendet werden.
Also: Zwei Biomethanquellen zukünftig.
Der Wasserstoffmotor funktioniert genauso wie der Erdgas-/Biomethanmotor, nur dass bei letzterem im Abgas etwas CO2 anfällt – bei Erdgas fossil, bei Biomethan weitgehend regenerativ.
Statt dem Verbrennungsmotor steht die Brennstoffzelle zur Verfügung: Die Gasenergie wird zu knapp unter 50 % in Strom umgewandelt und dieser in einer (kleinen) Fahrbatterie zwischengespeichert.
Aber: Für den mobilen Einsatz eignen sich PEFC-Systeme oder PAFC-Systeme mit Betriebstempersturen von 250 °C, dann allerdings werden Wirkungsgrade von vor 35 bis 38 % erreicht.
Wenn man die Lade- und Entladeverluste der Batterie mit einbezieht, sinkt der Gesamtwirkungsgrad – je nach Anteil des direkt verbrauchten Stromes - auf 23 bis 38 %.
 
Prinzipiell funktioniert die Brennstoffzelle sowohl mit Wasserstoff als auch mit Biomethan. Beide Brennstoffe müssen hierzu chemisch absolut rein sein. Hier fehlt es beim Gas aus der Leitung jedoch (Odorierung des Gases mit Schwefelverbindungen). Heutige Erdgas-/Biomethan-Brennstoffzellengeräte bereiten deshalb in einer Eingangsstufe das Methan zu chemisch reinem Wasserstoff auf, um das Vergiften des Aktivteils (Stacks) zu verhindern.
 
Fazit:
Wir haben in der Welt einen erheblichen Bedarf der chemischen Industrie an Wasserstoff, der momentan aus Erdgas gedeckt wird (es gibt sogar unterirdische Wasserstoffleitungen, die verschiedene Werke miteinander verbinden; solche Leitungen gibt es z. B. auch für Kohlenmonoxid (parallel zum Fluss Alz) oder für chemische Zwischenprodukte).
Zukünftig bietet es sich an, den Wasserstoff aus Überschussstrom zu erzeugen und diesen Wasserstoff in der chemischen Industrie zu verwenden, um Erdgas einzusparen.
Zum Fahren sehe ich weiterhin den Erdgas-/Biomethanmotor im Aufwind, auch im Rahmen meiner Kampagne „Biomethan-elektrisches Fahren“.
Ich bin gespannt, wann auch BMW mit passenden Fahrzeugen auf den Markt kommt.
 
Der Verbrennungsmotor ist ja politisch totgesagt (siehe gescheiterte Jamaika-Koalitionsverhandlungen Ende 2017). Gemeint ist der Verbrennungsmotor für Benzin und Diesel mit seinen allein in Deutschland daran hängenden rd. 100.000 Arbeitsplätzen mit der entsprechenden Technologierführerschaft und Wertschöpfung. Wenn das „Biomethan-elektrische Fahren“ dann kommt und 50 % der Fahrzeuge mit dem im Biomethan gespeicherten Strom fahren, brauchen 50 % der Fahrzeuge weiterhin Verbrennungsmotoren, mindestens 50.000 Arbeitsplätze bleiben erhalten und die hierfür speziell erforderliche Technologierführerschaft stellt eine zusätzliche Herausforderung dar.
 
Brennstoffzellen-Pkws habe ich letztens auf der IAA gesehen (im September 2017). Da kann schon noch etwas daraus werden, momentan baut die Brennstoffzellen-Technik noch sehr voluminös.
Man muss aber daran denken, dass die konkurrierenden Techniken (hoch gezüchtete Biomethanmotoren = Erdgasmotoren) ebenfalls weiterentwickelt werden und das Rennen machen könnten.
Ich halte Brennstoffzellen für super im Dauerbetrieb, z. B. im Heizungskeller. Autos stehen zu 95 % herum und die wertvolle Brennstoffzelle bleibt in dieser Zeit ungenutzt.
Folglich kann es dazu kommen, dass die Brennstoffzellentechnik vor allem dort zum Tragen kommen wird, wo sie am besten 8.760 Stunden p. a. mit Volllast laufen kann.
 
Ich freue mich auf Ihre Rückantwort.
 
Viele Grüße,
Hansjörg Pfeifer
 
Montag, 9. Juli 2018
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