Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu
 
strokestrokestrokestroke
 
Strom und Kraft werden immer wichtiger
 
Die erste Stromversorgung diente der Beleuchtung und dem Eisenbahnverkehr.
 
Die ersten Generatoren zur Stromerzeugung wurden entweder von Dampfmaschinen angetrieben (sog. Blockstationen, z. B. in München das Muffatwerk) oder durch Wasserturbinen (z. B. in München das Maxwerk). Die technische Nutzung von Strom zur Erzeugung von Kraft (Elektromotoren) war bereits seit vor der Jahrhundertwende bekannt. Mit der aus Wasserkraftwerk-Strom gewonnenen Kraft ließen sich die Dampfkraft und der Kohleverbrauch ersetzen (Oskar von Millers „weiße Kohle“). In diesem Zusammenhang ist insbesondere die um 1900 begonnene Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken zu erwähnen, z. B. im Jahr
→1899 die 40 km lange Normalspurstrecke in der Schweiz zwischen Burgdorf und Thun (Drehstrom 750 V, 40 Hz, d. h. zwei Oberleitungen, erste normalspurige Vollbahn Europas, gebaut durch Brown, Boveri & Cie. (BBC), Baden)
→1902 die 106 km lange Valtellinabahn in Italien zwischen Lecco (Comer See) und Sondrio/Chiavenna (Drehstrom 3 kV, 16 2⁄3 Hz, d. h. zwei Oberleitungen, erste normalspurige Hochspannungs-Vollbahn Europas, gebaut durch die Firma Ganz & Cie., Budapest)
→1906 die Einweihung des von Beginn an elektrisch betriebenen 20 km langen Simplontunnels, damals längster Tunnel der Welt. Die Firma BBC übernahm auf eigene Rechnung die Elektrifizierung der 22 km langen Strecke zwischen Brig (Schweiz) und Iselle (Italien) mit Drehstrom 3 kV, 16 2⁄3 Hz (zwei Oberleitungen). Hierfür wurden drei Lokomotiven von der Valtellinabahn angemietet.
→1912/13 Garmisch - Innsbruck, die erste von Vornherein elektrifizierte längere Strecke in Österreich und Bayern mit Einphasenwechselstrom (15 kV, 15 Hz; im Vorgriff auf die Fertigstellung des Walchenseekraftwerks 1924 ab 1922 auf 16 2⁄3 Hz umgestellt)
→1913 Lötschberg-Tunnel-Bergstrecke, die erste elektrifizierte Alpenbahn mit Einphasenwechselstrom (15 kV, 16 2⁄3 Hz). Das „Übereinkommen betreffend die Ausführung der elektrischen Zugförderung“ legte den Einphasenwechselstrom mit 15 kV Spannung und 16 2⁄3 Hz Frequenz, heute 16,7 Hz, fest und hat seinen Ursprung in Bayern, es trat am 28.01.2013 in Kraft. (Dieses Normierungsergebnis stand damals auch im Zusammenhang mit der Festlegung der technischen Daten der Bahnstromgeneratoren im Walchenseekraftwerk mit 4 x 13 = 52 MW Nennleistung). Die Staatsbahnen Österreichs und der Schweiz sowie später auch Norwegens und Schwedens traten dem Abkommen bei. 1920/21 wurde die Umstellung der Gotthardstrecke (28 ‰ Neigung), wie bereits 1913 beschlossen, auf Regelstrombetrieb (15 kV, 16 2⁄3 Hz) abgeschlossen. Seit 1882 oder 38 Jahre lang konnte diese aus zahlreichen Tunnels und Kehrtunnels bestehende Alpenhauptstrecke nur mit Dampflokomotiven betrieben werden. Erst im Jahr 1928/29 wurde – kriegsfolgenbedingt – die Elektrifizierung der Brennerstrecke (25 ‰ Steigung auf der Nordrampe, 22,5 ‰ auf der Südrampe) abgeschlossen: in Österreich auf Regelstrombetrieb (15 kV, 16 2⁄3 Hz) in Italien auf Drehstrombetrieb (zwei Oberleitungen 3,6 kV, 16 2⁄3 Hz; seit 1965 auf eine Oberleitung mit 3 kV Gleichstrom umgestellt). Seit 1867, also 60 Jahre lang, war diese sehr alte Alpen-Hauptstrecke, damals praktisch noch ohne Tunnels ausgeführt, ausschließlich mit Dampflokomotiven befahren worden.
 
Jedes Jahr wurden bzw. werden weitere bestehende Strecken elektrifiziert. Ferner werden sämtliche Neubaustrecken (wie aktuell seit 2017, die Schnellbahnstrecke durch den Thüringer Wald) von Beginn an elektrisch betrieben. In Deutschland lt. Wikipedia: Die Gesamtlänge der elektrifizierten Strecken der DB AG betrug im Jahr 2000 insgesamt 19.079 km, was 52,22 % des gesamten Streckennetzes entsprach. Binnen zehn Jahren vergrößerte sich das elektrifizierte Netz um insgesamt 729 km. Im Jahr 2010 betrug damit die elektrifizierte Streckenlänge insgesamt 19.808 km. Dies entsprach 58,74 % der Gesamtstreckenlänge. In der Schweiz lt. Wikipedia (vor der am 13.12.2016 erfolgten Inbetriebnahme der 57 km langen Gotthard-Basistunnelstrecke): Das schweizerische Eisenbahnnetz hat eine Länge von 5.251 km (Stand 2010), mit Bezug auf eine Fläche von 41.285 km2 ist es, ebenso wie das Netz der Tschechischen Republik, das dichteste der Welt und bis auf wenige Kilometer vollständig elektrifiziert. In Österreich lt. Wikipedia: Heute werden von den rund 11.000 km Gleisen der ÖBB rund 7.900 km elektrisch betrieben.
 
Der heutige Eisenbahnverkehr wäre ohne elektrischen Betrieb nicht möglich
Bereits vor der Jahrhundertwende hat man mit dem Bau der ersten elektrifizierten U-Bahn-Linien begonnen: in London um 1890, in Budapest um 1896. Lt. Wikipedia: Die London Underground ist die älteste U-Bahn der Welt und besitzt die größte Netzlänge Europas. Sie erschließt die britische Hauptstadt London, die City of London und einige angrenzende Gebiete. Der erste Streckenabschnitt der Metropolitan Railway (die heutige Metropolitan Line) wurde am 10. Januar 1863 als unterirdische, mit Dampflokomotiven befahrene Eisenbahn eröffnet. Elektrifiziert wurden die Strecken der Londoner U-Bahn ab dem Jahr 1890 mit 630 Volt Gleichstrom. Im Unterschied zu den meisten anderen U-Bahnen werden zwei Stromschienen verwendet; dadurch soll Streustromkorrosion in Rohrleitungen verhindert werden. Eine Stromschiene mit +420 V befindet sich rechts oder links neben den Fahrschienen, die andere mit −210 V zwischen den Gleisen.
Fast 150 Jahre lang war die London Underground die längste U-Bahn der Welt; mittlerweile ist sie nach der Metro Shanghai und der U-Bahn Peking die drittlängste. Die Metró Budapest ist das U-Bahn-System der ungarischen Hauptstadt. Die „Millenniums-U-Bahn“ (Millenniumi Földalatti Vasút, Linie M1) ist, je nachdem ob der Tünel in Istanbul (Standseilbahn) als U-Bahn mitgezählt wird, nach der London Underground die zweit- oder drittälteste U-Bahn der Welt und wurde anlässlich der Millenniumsfeiern zur tausendjährigen Landnahme der Ungarn 1896 in Betrieb genommen. U-Bahnen ohne elektrischen Antrieb sind undenkbar, d. h. Städte ohne U-Bahnen und Elektrizität könnten heute nicht mehr existieren. Von Pferden gezogene Straßenbahnwagen wären technisch noch vorstellbar, diese wurden aber bereits um die Jahrhundertwende 1900 vom technischen Fortschritt des elektrischen Betriebs komplett abgelöst. Dass man den neuen Gotthard-Basistunnel mit 56 km Länge oder den Kanaltunnel zwischen Frankreich und England mit 50 km Länge (davon 37 km unter dem Meer) nur elektrisch befahren kann, leuchtet jedem ein.  Was weniger bekannt ist, dass es seit 2002 eine erste Eisenbahnstrecke auf der Welt gibt, die nur elektrisch und nur vom Personenverkehr befahren werden kann: Die rund 150 km lange Westerwaldstrecke zwischen Frankfurt-Flughafen und Köln-Deutz. Dieses Projekt sollte für 300 km/h Geschwindigkeit geeignet sein und war infolge der wiederholten Berg- und Talstrecken lange als nicht realisierbar betrachtet worden. Man musste hierfür erst einen geeigneten Zug entwickeln, der diese Strecke befahren kann, den ICE 3. Züge mit Triebköpfen (Lokomotiven an beiden Enden) waren hierfür nicht mehr geeignet. Eine heutige ICE3-Wendezug-Einheit besteht aus vier unterflur angetriebenen Wagen mit je 4 x 500 kW = 2 MW Leistung, zwei Unterflur-Trafowagen mit je 5 MW Leistung liegen jeweils dazwischen, sowie zwei sonstigen Wagen in der Mitte. Diese Gesamt- Antriebsleitung von 8 MW erlaubt den Betrieb der Westerwaldstrecke mit 40 ‰ Steigung bei 300 km/h Geschwindigkeit: spezifische Leistung 19 kW/t. Herkömmliche Züge können nur etwa die Hälfte dieser spezifischen Leistung bieten!
 
Ich habe am Monitor des Führerstandes selbst sehen können, wie bei vollem Tempo bergauf rd. 8 MW Strom aus der Leitung gezogen und bergab rd. 8 MW eingespeist werden (es lässt sich nachrechen, welche Hebearbeit hier im Spiel ist, jedenfalls der Windwiderstand und die Rollreibung sind bei dieser Berg- und Talfahrt im Gesamtzusammenhang vernachlässigbar)! Ein Doppelzug tauscht auf dieser Strecke mit dem Bahnnetz also bis zu +-16 MW Leistung aus! Die eingespeiste Strommenge wird gemessen und es gibt einen Wettbewerb zwischen den Lokführern, wer auf der Gesamtstrecke den meisten Strom zurückgespeist hat.
 
 
Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing.
Hansjörg Pfeifer
Mittwoch, 20. Dezember 2017
Die Geschichte der Eisenbahn ist die Geschichte der Elektrifizierung
Übersicht
aller Berichte