Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu
 
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Leserbrief und Fakten
 
Zapfsäulen zu Steckdosen    www.zeit.de  Nr. 2 vom 5.1.2017
 
1. Wer zahlt dafür?
Daimler, BMW, Ford und der VW-Konzern haben sich nach jahrelanger Debatte zusammengetan, um Elektroautofahrern ein flächendeckendes Schnellladenetz zu liefern. So erfreulich die Schnelllade-Initiative der Autoindustrie ist, sie wird zunächst mal teuer. Allein das Aufstellen einer Ladesäule erfordert ein Investment von 24.000 Euro; dazu kommen Kosten von rund 1.500 Euro pro Jahr für Betrieb und Wartung. Dem gegenüber stehen Einnahmen durch den Stromverkauf sowie, darauf wird es wohl hinauslaufen, einen Schnellladezuschlag pro Ladevorgang von 1,50 bis 2,00 Euro. Die Nationale Plattform Elektromobilität beschreibt Schnellladen als eine "Premium-Dienstleistung", weshalb der Strompreis an der Ladestation den Preis für Haushaltsstrom übersteigen müsse. Haushaltsstrom kostet aktuell zwischen 23 und 28 Cent pro Kilowattstunde; an herkömmlichen Ladestationen für Elektroautos zahlen Nutzer rund 30 Cent, an den wenigen vorhandenen Schnellladestationen jedoch bis zu 56 Cent pro Kilowattstunde. Hier eine Beispielrechnung: Die elektrische Energie für 100 Kilometer Fahrt in einem VW E-Golf (Durchschnittsverbrauch 12,7 kWh je 100 Kilometer) oder einem BMW i3 (Durchschnittsverbrauch 12,9 kWh je 100 Kilometer) kostet heute etwa 7,25 Euro an einer Schnellladesäule. An den projektierten Schnellladepunkten dürfte es wegen der erwähnten Zuschläge noch teurer werden für jene, die wenig Zeit haben und ihr Auto in einer Viertelstunde mit Strom aufladen wollen. Das wäre dann teurer als die heutige Tankfüllung, die für einen Golf Diesel je 100 Kilometer Reichweite derzeit knapp unter sieben Euro kostet.
2. Wie lange dauert das Laden?
Die Initiatoren des neuen Schnellladenetzes wollen dafür sorgen, dass sich der Ladevorgang nicht großartig vom herkömmlichen Tanken unterscheidet, sagt Audi-Chef Rupert Stadler: "Wir wollen ein Netz schaffen, mit dem unseren Kunden für das Nachladen auf längeren Fahrten eine Kaffeepause reicht." Technisch wäre das heute schon möglich. Die Sache hat nur einen Haken: Damit die Fahrzeuge eine derart hohe Ladeleistung überhaupt verkraften können, steigen die Anforderungen an die Elektroautos enorm an – und werden teurer. Nur mit einer speziellen Technik kann es gelingen, mit 350 Kilowatt Leistung zu laden. Teslas Supercharger schaffen heute 120. Wie drastisch die Ladezeit durch höhere Stromzufuhr verkürzt werden kann, lässt sich schon an aktuellen Elektroautos erkennen. Beim neuen E-Golf von VW beispielsweise dauert das Laden des leeren Akkus an einer normalen Haushaltssteckdose nach Angaben des Herstellers 17,5 Stunden. An einer Wandladestation mit größerer Ladeleistung verkürzt sich der Ladevorgang auf knapp sechs Stunden. Und bei einer Schnellladung mit 40 kW, zehnmal mehr als in der Haushaltssteckdose, ist der zuvor leere Akku binnen einer Stunde zu 80 Prozent geladen. Die restlichen 20 Prozent der potenziellen Speicherkapazität werden beim Schnellladen mit Gleichstrom übrigens nie genutzt, weil sonst die Batterie überhitzen würde – die Gründe liegen in der Elektrochemie. Wäre der E-Golf mit einem Schnellladesystem ausgestattet, würde die 80-Prozent-Ladung des Akkus an einer solchen Station weniger als zehn Minuten dauern. Allerdings berechnet VW für die derzeit erhältliche Schnellladeoption schon rund 600 Euro Aufpreis. Für das Elektroauto BMW i3 kostet die Schnellladeausstattung momentan 990 Euro. Wenn also Ladestationen künftig sehr hohe Leistungen bereitstellen, verkürzt dies nur dann die Ladezeit, wenn das Elektroauto auch dafür ausgelegt ist.
3. Lässt sich der Strombedarf problemlos decken?
"Für die Stromerzeugung in Deutschland sind Elektroautos und deren Schnellladung zunächst einmal kein Problem", sagt Jochen Linssen, Wissenschaftler am Institut für Energie- und Klimaforschung in Jülich. Allein deshalb, weil Schnellladungen, wie der Name schon sagt, schnell erledigt sind. Selbst um den Energiebedarf von einer Million Elektroautos zu decken, müssten keine neuen Kraftwerke gebaut werden. Derzeit sind in Deutschland etwa 35.000 E-Fahrzeuge unterwegs. "Allerdings könnten die geplanten Schnellladestationen zu Problemen im Verteilnetz führen", sagt Linssen, "denn die bis zu 350 kW pro Ladeplatz, von denen aktuell die Rede ist, sind durchaus eine nennenswerte Leistung." Wahrscheinlich müssen für zahlreiche der künftigen Schnellladepunkte Leitungen verstärkt oder neu verlegt und eventuell auch zusätzliche Ortsnetz-Transformatoren aufgestellt werden. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von Verteilnetzausbau. Wenn sich die Zahl der Elektroautos in Zukunft deutlich erhöht, muss deren Energieversorgung neu organisiert werden. Bei den Überlegungen dazu steht weniger die Stromerzeugung als vielmehr das Verteil- und Übertragungsnetz im Zentrum. Vermutlich, so sagt Linssen, wird es bei einem Bestand von mehreren Millionen Elektroautos in Deutschland nötig sein, die Ladevorgänge zentral zu steuern, sodass sowohl das Stromnetz möglichst gleichmäßig belastet wird als auch die erneuerbaren Energien möglichst optimal genutzt werden. Das könnte bedeuten, dass man beim Verbinden des Ladesteckers eines Elektroautos per App angibt, wann der Wagen mit geladenem Akku wieder fahrbereit sein muss. Der Ladevorgang würde dann von einer Koordinierungsstelle entsprechend gesteuert. Generell könnte gelten: Je schneller die Ladung, desto teurer.
4. Ist Strom besser fürs Klima als Benzin oder Diesel?
Generell sind Elektroautos nur dann umweltfreundlich, wenn der Strom für deren Betrieb aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Legt man den deutschen Strommix aus Wasserkraft, Solarenergie, Atom- und Kohlekraftwerken zugrunde, wurden 2015 nach hochgerechneten Werten des Umweltbundesamts 535 Gramm CO₂ pro Kilowattstunde emittiert. Lädt man das Auto mit diesem Strommix, fährt man eben nicht emissionsfrei. Steigt allerdings der Anteil erneuerbarer Energien, verbessert sich damit auch die Energiebilanz des Elektroautos. 2015 machten regenerative Energien 29 Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung aus. Bis zum Jahr 2025 soll dieser Wert auf bis zu 45 Prozent steigen. Was den reinen Fahrbetrieb betrifft, ist das Elektroauto dennoch leicht im Vorteil gegenüber Pkw mit Verbrennungsmotoren. Das Bild ändert sich jedoch, wenn man die Produktion insbesondere des Akkus mit einbezieht. Denn bei der Produktion einer Kilowattstunde Batteriekapazität entstehen etwa 125 Kilogramm CO₂. Für die Einstiegsvariante des BMW i3 mit einer 22-kWh-Batterie sind das mehr als 2,7 Tonnen CO₂ allein bei der Akkuherstellung. Bezieht man diesen CO₂-Ausstoß in den Vergleich mit ein, liegen Elektroauto und Dieselfahrzeug gegenwärtig in etwa gleichauf. "Leider wird immer nur betont, dass das Elektroauto derzeit noch gar keinen Umweltvorteil gegenüber den konventionellen Antrieben hat. Wenn wir aber nicht heute damit beginnen, Elektroautos auf die Straßen zu bringen, werden wir die Klimaziele bis 2050 nicht erreichen", sagt Martin Schmied, Leiter der Abteilung Verkehr, Lärm und räumliche Entwicklung beim Umweltbundesamt. Wie "grün" das E-Auto ist, hängt schließlich maßgeblich davon ab, wie der Strom produziert wird und ob es gelingen wird, die Emissionen bei der Batterieproduktion zu senken. Fest steht, die CO₂-Bilanz von Elektroautos verbessert sich von Jahr zu Jahr.
Hier eine Übersicht der Neuzulassungen von PKW in Deutschland ab dem Jahr 2005 nach Kraftstoffarten bzw. Antriebsarten aufgeschlüsselt.
 
Leserbrief vom 24. Januar 2017 der i-feu
Der Artikel ist etwas ernüchternd. Wusste nicht, daß Journalisten der Zeit so recherchieren und Herstellerangaben 1:1 unreflektiert abdrucken, wie Verbräuche des E-Golf !!!! Enttäuschend auch die nationalistische Sichtweise nur auf deutsche Automobilkonzerne.
Erst recht, wenn man die Tesla Daten liest von nur 120 kW Ladeleistung. Das ist schon echt "daneben" gegriffen. In Norwegen lädt man nämlich bereits seit Jahren mit 300 kW, nur in Deutschland wegen der hiesigen Bestimmungen mit 120 kW, wobei, was ist denn physikalisch zwischen beiden Ländern der Unterschied? Vielleicht eine bremsende Industrie?
Ich selbst habe mit knapp über 200 kW am Brenner geladen und einige Mitglieder haben zum Beweis dieser immer wieder falschen Behauptungen sogar Bilder der I-FEU.de geschickt...
Heftig wird's auch auf Seite 3.
Lt. Statistischem Bundesamt wurden 2016 ganze 87 TWh elektrische Energie exportiert und dennoch spricht man von 1 Million E-Autos ohne neue Kraftwerke? Mal nachrechnen: Ein E-Auto braucht etwa 17 kWh pro 100km nicht 13 wie im Artikel behauptet! Es fährt im Jahresdurchschnitt in Deutschland etwa 14.000 km, demnach läge der "Verbrauch" bei etwa 2,4 MWh. Mit 87 TWh komme ich auf 36,25 Mio Autos, nicht 1 Million! Selbst wenn die Fhzge im Jahr 100.000 km führen wären es noch 5 Mio Autos. Warum rechnet das niemand nach?
Über den Rest brauche ich kein Wort verlieren. Ich fahre bereits seit über 5 Jahren nur noch rein elektrisch und kenne niemand der zurück zum Verbrenner wechselte
Thomas Scharpf
 
Anm.: Laut Zahlen des statistischen Bundesamtes wurde im Jahr 2015 diese folgenden Energiemengen erzeugt (in Klammern die Anzahl der damit zu betreibenden E-Autos bei sofortigem kompletten Umstieg auf E-Mobilität):
Photovoltaik 37 TWh (15,4 Mio E-Autos)
Windenergie 85 TWh (34,4 Mio E-Autos)
Biomasse 56 TWh (23,3 Mio E-Autos)
Wasserkraft 20 TWh (8,3 Mio E-Autos)
Kernkraft 87 TWh (36,2 Mio E-Autos)
Kohlekraft 243 TWh (101,2 Mio E-Autos)
Gaskraft 20 TWh (8,3 Mio E-Autos)
Die Behauptung man benötige für alle E-Autos auf bundesdeutschen Straßen zusätzlich hunderte Kernkraftwerke ist angesichts dieser Fakten vereinfacht ausgedrückt: schlichtweg falsch!
Übrigens: 1TWh = 1000GWh = 1Mio MWh = 1000Mio kWh
Der Bestand von rein elektrisch angetriebenen PKWs in Deutschland betrug 2016 genau 25.502 von 45.071.209 Fahrzeugen insgesamt! =» Link
Wir könnten derzeit 80% aller Fahrzeuge elektrisch betreiben ohne zusätzliche Kraftwerke errichten zu müssen, nur mit der „überschüssigen elektrischen Energie, tatsächlich liegt der Anteil jedoch bei mageren 0,056%. Das ist gerade einmal der 1438.te Teil. Wir müssen die Anstrengungen also vertausendvierhundertfachen!
 
 
Leserbrief Teil 2  (originale Publikation nicht mehr verfügbar)
 
Leserbrief aufgrund des Interviews der AZ mit Kurt Sigl und den Leserbriefen hierzu
 
 
Guten Tag,
 
gerne möchte ich, Thomas Scharpf, zum Leserbrief "Wie viel Kaffee trinken...?" von Hansjörg Köhler auf Seite 2 Montag 30. Januar 2017 eine Frage stellen:
 
Die Frage: "Wieviel Kaffee muss ich denn trinken auf dem Weg nach Kassel?", ist von selbst beantwortet, wenn Sie sich nur fragen: "Wie oft fahre ich eigentlich nach Kassel?"
Ein Elektroauto ist konzipiert für die über 90% aller Fahrten, welche auf Kurzstrecken von weniger als 100 km anfallen. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung eines E-Autos, welche der Leserbriefschreiber dann auch noch in Frage stellt, kann sich der Leser selbst zu Gemüte führen, wenn er nach "i-feu Kostenvergleich E-Auto" googelt. Dort stehen Fakten, statt Vermutungen.
Der Satz des zweiten Leserbriefschreibers, welcher behauptet, daß die "Entsorgung eines Akkus" in der "Umweltfreundlichkeit schlechter wäre als ein Benziner" spiegelt genau das wider, was in Deutschland leider oft propagiert wird, obwohl es kaum jemand nachrechnet. So fängt man dann die Kunden, welche Dieselfahrzeuge kaufen, weil sie plumpen Werbeversprechen glaubten. Da sind uns andere europäische Länder weit voraus und in ein paar Jahren ist die deutsche Automobilindustrie so weit weg von der Realität, daß wir eben mit Fahrzeugen aus Frankreich, USA, Japan oder China nach Kassel fahren.
 
Thomas Scharpf
Interessengemeinschaft zur Förderung der E-Mobilität
 
Erwartungsgemäß wurde dieser Leserbrief nicht veröffentlicht. Durch das Teilen mit allen IFEU-Mitgliedern war dennoch eine gewisse Resonanz zu verzeichnen:
 
Hi Thomas,
hast sehr gut geschrieben!!! ☺ 
(hatte die Leserbriefe in der Zeitung auch gesehen...).
Freue mich schon wenn dein Leserbrief erscheint (was ich doch sehr hoffe).
Grüße Gerhard
 
Gut gebrüllt!!!
Auf die Idee mit der Kaffeefahrt wäre ich nicht gekommen. Glückwunsch!!!
Frohes Schaffen für Ihre anderen und beruflichen Dinge.
Rudolf
 
Hallo Thomas,
Danke für den sehr gut formulierten LB.
Ich dachte auch schon daran, das dies nicht unkommentiert bleiben darf.
Viele Grüße
Werner
 
Hallo Thomas,
ich kenne den Zusammenhang, und die Vorgeschichte nicht.
Stände ich vor der Frage ob ich nach Kassel mit Verbrenner oder E-Auto
fahre, wäre die Antwort einfach.
Meine weiteste Tagesreise waren elektrische 680 km, nach Kassel sind es
gerade mal 410 km.
Lieber Kaffee trinken als Ölwechsel, lauter Auspuff oder Ärger über den
Spritverbrauch oder KFZ-Steuer.
Wer keinen Kaffee mag, hat noch tausend andere Möglichkeiten.
Wenn mein Akku im Auto ausgedient hat, kann ich ihn vielleicht noch als
heimischen Energiespeicher verwenden, second life.
Vielleicht hat sich in ein paar Jahren jemand auf das Recycling
spezialisiert.
Gut dass wir die Möglichkeit haben zur Entscheidungsfindung Fakten
heranzuziehen, und uns nicht auf Vermutungen verlassen müssen.
Mfg
Gerhard
 
Hallo Thomas,
gut gebrüllt, Löwe! Da bin ich jetzt wirklich gespannt, ob sie es abdrucken.
Anbei einige Artikel zur Elektromobilität, aus dem Spiegel vom 21.1.17 und aus der "Energiedepesche" (einschl. ein Artikel zum Preisverfall bei PV-Modulen).
Viele Grüße

Helmut
 
Lieber Thomas,
Deine Antwort trifft den Nagel auf den Kopf. Aber bezüglich E-Mobilität herrscht leider sehr viel Unkenntnis und physikalische Ignoranz .
Was nie , aber wirklich nie erwähnt wird , auch in Artikeln, ist der wesentlich bessere Wirkungsgrad der Elektromotoren von ca 90% im Vergleich zu Dieselmotoren von etwa 40%. Übertragungsverluste abgerechnet, könnte man bei Umstellung von Diesel- oder Benzinmotoren auf Elektromotoren den Energieverbrauch im Verkehrssektor um 50% senken, lokal emissionsfrei und lärmreduziert. Was weiter in diesem Zusammenhang leider immer ohne jede Sachkenntnis verbreitet wird ist, dass der Strom für E-Fahrzeuge aus regenerativen Energien kommen muß, und schlicht nicht vorhanden sei. Die Energieeinsparung insgesamt ist doch entscheidend, natürlich ist es ökologisch noch besser Strom aus regenerativen Quellen zu nutzen. Vielleicht bringt uns der Bolt einmal weiter, und wenn endlich auch öffentliche Stellen Elektroautos führen. Umdenken ist anscheinend immer schwer.
Viele Grüße Luis
Montag, 30. Januar 2017
Deutschland war im Jahr 2016 ein Strom-Exporteur. Es fehlt bei weitem nicht an elektrischer Energie,
wir haben zuviel davon!
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