Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu
 
strokestrokestrokestroke
 
Energiebetrachtung zu Brennstoffzellen und Wasserstoff
 
Wirkungsgrad, Energieeffizienz, Kosten, Ökobilanz
 
Verfasser: Dipl.-Ing. Thomas Scharpf, Rammingen
Dieser Artikel darf mit Nennung des Verfassers zitiert und publiziert werden
 
Allgemein: Bei den folgenden Angaben der Wirkungsgrade handelt es sich generell um energetische Wirkungsgrade, welche den Quotienten aus nutzbarer Energie und zugeführter Energie beschreiben, im Gegensatz zu stofflichen Wirkungsgraden, die oftmals in Publikationen über rein-stöchiometrisch betrachtete Reduktionen auftauchen und das Verhältnis von Endprodukt zu Element im Ausgangsstoff in der Regel meist massenbezogen oder selten auch volumenbezogen wiedergeben. So ist es durchaus möglich, daß es bei einer Reformation eines Gases z.B. Methan zu Wasserstoff und Kohlenstoff zu einer 99,9% Umsetzung kommen (stofflicher Wirkungsgrad über 99%), während dieser Prozess energetisch betrachtet einen Wirkungsgrad von nur 30% aufweist. Bei der folgenden Betrachtung interessieren natürlich nur die technisch physikalischen Wirkungsgrade der Energie.
 
Als aktives Mitglied einer freiwilligen Feuerwehr sind mir noch einige risikoträchtige Fakten über Wasserstoff im Hinterkopf, die hier erwähnt werden sollen, ohne dabei ein Schreckensszenario aufbauen zu wollen.
Wasserstoff bildet bei einem Anteil von 4% bis 75% ein entzündliches Gemisch mit der Umgebungsluft, bzw. ein explosives Gemisch (Knallgas) bei einem Anteil von 18%. Es können sich Sauerstoff/Wasserstoffgemische mit einem Anteil von unter 10,5% Wasserstoff bilden, die schwerer als Luft sind und zu Boden sinken. Die Entmischung erfolgt nicht unmittelbar, so dass bis zur Unterschreitung der 4%-Grenze die Zündfähigkeit erhalten bleibt. Wasserstoff verflüchtigt sich in offener Umgebung oder es brennt in heißen Umgebungen bereits bei der Konzentration von 4% mit unsichtbarer Flammenbildung ab, d.h. Sie können unmittelbar an einem brennenden Wasserstoffteich stehen ohne die Gefahr zu erkennen, bekommen aber sehr rasch die enorme Hitze zu spüren. Dennoch, da Fahrzeugbrände im Vergleich zu anderen Verkehrsunfällen recht selten sind, wird das Risiko eines solchen Szenarios wirklich überschätzt.
Zur Energiedichte: Das farb- und geruchlose Gas besitzt im Vergleich zu vielen Kohlenwasserstoffen eine niedrige Verbrennungsenthalpie und damit eine niedrige volumenbezogene Energiedichte von nur ca. 33% von Erdgas, was zum Speichern äquivalenter Energiemengen darauf bezogen einen dreimal so großen Tank oder einen dreimal so hohen Druck erfordert. Durch seine geringe Molekülgröße diffundiert Wasserstoff ferner relativ gut durch eine Vielzahl von Materialien, sodass viele metallische Materialien für eine Tankhülle ungeeignet sind. Durch hohe Temperaturen und hohen Innendruck wird dieser Diffusionsprozess verstärkt. Durch die sogenannte Wasserstoffversprödung werden weiters metallische Tankhüllen zusätzlich belastet. Bei Hüllen aus Kunststoff tritt dieser Effekt nicht auf.
 
1. Herstellung von Wasserstoff
 
Wasserstoff wird in den überwiegenden Fällen aus Erdgas (Methan), Biomasse oder langkettigen Kohlenwasserstoffen (Mittelbenzinen, Rohöl) hergestellt.
Dabei kommen mehrere industrielle Verfahrenstechniken zur Anwendung, die einzeln hinsichtlich deren Wirkungsgrade, CO2-Bilanz und Nebenprodukten betrachtet werden.
 
Das thermochemische Verfahren:
Hier wird auf thermischen Wege Wasser bei etwa 900°C in Hochtemperaturreaktoren gespalten, indem z.B. beim Schwefelsäure-Iod-Prozess Iod I und Schwefeldioxid SO2 bei 120°C mit Wasser zu Iodwasserstoff HI und Schwefelsäure H2SO4 reagieren. Nach Separation der Reaktionsprodukte wird H2SO4 bei 850°C in O2 und SO2 gespalten, während aus HI bei 300°C reiner H2 und das Ausgangsprodukt I entstehen. Durch den geringen Wirkungsgrad der thermochemischen Umwandlung von deutlich unter 50% ist dieses Verfahren wegen des hohen Temperaturniveaus allerdings unwirtschaftlich.
Ähnlich geringe Wirkungsgrade erreicht man bei der thermischen Dissoziation (Zerfall von Molekülen in seine einzelnen Atome durch Wärmeeinwirkung). Hierbei gelingt die Spaltung von Wasserdampf H2O in Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 bei Temperaturen von über 1.700°C. Die entstehenden Gase werden anschließend durch keramische Membranen geleitet und dabei separiert. Die enorm hohen Temperaturen wirken sich energetisch jedoch ebenfalls sehr negativ auf den Wirkungsgrad aus.
 
Fermentation:
Unter Laborbedingungen kann Wasserstoff mit anaeroben Mikroorganismen direkt aus Biomasse generiert werden. Die fermentative Wasserstoffproduktion ist jedoch energetisch relativ ungünstig, da maximal 33% der Verbrennungswärme aus Glucose in Wasserstoff gespeichert werden. Im Vergleich dazu können durch Methangärung 85% der Energie aus Glucose in das Gärprodukt überführt werden.
 
Kværner-Verfahren:
Bei diesem Verfahren trennt man Kohlenwasserstoffe in einem Plasmabrenner bei 1600 °C vollständig in Aktivkohle C und Wasserstoff H2. Meist werden kurzkettige Gase wie z.B. Methan: CH4 eingesetzt.
Der Wirkungsgrad von etwa 48% ist durch den hohen Anteil von 40% in der Aktivkohle und etwa 10% im Heißdampf jedoch recht gering im Vergleich zur direkten Verbrennung in Gasmotoren auch im Hinblick auf den enormen Ausstoß von Kohlendioxid bei der thermischen Verwertung des anfallenden Kohlenstoffs in diesem Herstellungsverfahren von Wasserstoff.
 
Partielle Oxidation:
Bei diesem Herstellungsverfahren für Wasserstoff wird der Rohstoff, z.B. Erdgas oder auch schwere Kohlenwasserstoffe (Heizöl), unter Sauerstoffmangel in einem exothermen Prozess umgesetzt. Die Reaktionsprodukte sind vor allem Wasserstoff H2 und Kohlenstoffmonoxid CO. Meist wird dabei noch Wasser H2O zugesetzt, um sowohl die extremen Temperaturen als auch die Rußbildung in den Griff zu bekommen, sodass dies eher einer autothermen Reformierung entspricht. Die enorme Abwärme bei diesem Prozess, sowie bei der anschließenden Oxidation des anfallenden hochgiftigen Kohlenmonoxids zu CO2 reduzieren den Gesamtwirkungsgrad allerdings enorm. Hierbei wäre eine energetische Verwendung der Rohstoffe in einem Verbrennungsmotor vom Wirkungsgrad betrachtet sinnvoller, auch im Hinblick auf den enormen Ausstoß von Kohlendioxid bei diesem Herstellungsverfahren von Wasserstoff.
 
Dampfreformierung:
Bei diesem Herstellungsprozess wird aus Kohlenwasserstoffen in zwei Prozessschritten Wasserstoff H2 erzeugt. Als Rohstoffe werden Erdgas, Biomasse, aber auch langkettige Kohlenwasserstoffe aus Erdöl (Mittelbenzinfraktion) eingesetzt. Dieses Verfahren wird derzeit großtechnisch in Anlagen mit Kapazitäten von bis zu 100.000 m³/h angewandt. Dabei werden im zweistufigen Prozess zunächst die langkettigen Kohlenwasserstoffe in einem Reformer unter Zugabe von Wasserdampf bei einer Temperatur von etwa 470°C und Druck von etwa 30 bar zu Methan CH4, Wasserstoff H2, Kohlenstoffmonoxid CO sowie Kohlenstoffdioxid CO2 aufgespalten. Anschließend wird nach Raffination der Gase das Methan bei Temperaturen von 800 bis 900°C und einem Druck von etwa 30 bar an einem Nickelkatalysator mit Wasser zu Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid umgesetzt.
Das hierbei durch unvollständige Umsetzung erzeugte giftige Zwischenprodukt Kohlenstoffmonoxid wird anschließend noch bei der Wassergas-Shift-Reaktion an einem Katalysator zu Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff umgesetzt, um einen höheren Wirkungsgrad der Gesamtumsetzung zu erreichen. Anschließend werden in einer Druckwechsel-Adsorptionsanlage oder Lauge-Absorptionsgaswäsche, die Nebenprodukte wie CO, CO2 und CH4 herausgefiltert.
Die Dampfreformierung ist derzeit die wirtschaftlichste (Wirkungsgrad ~80 %) und am weitesten verbreitete (~90 %) Methode, Wasserstoff zu erzeugen. Durch die Verwendung fossiler Energieträger wird dabei aber genauso viel des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid CO2 freigesetzt wie bei deren Nutzung in Verbrennungsmotoren.
 
Pyrolyse und anschließende Dampfreformierung:
Bei dieser Biomasse-Vergasung wird zunächst durch Pyrolyse, bei der als Endprodukte Primärgase, Koks und Methanol entstehen, der Ausgangsstoff für die anschließende Versetzung mit Wasserdampf (Dampfreformierung) generiert, das final zu einem Gemisch aus Wasserstoff H2, Methan CH4, Kohlenstoffmonoxid CO und Kohlenstoffdioxid CO2 führt. Die Wirkungsgrade der wichtigsten Konversionsverfahren von Biomasse zu Wasserstoff liegen dabei im Bereich von 30% bis 40%. Die Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse besitzt allerdings einen weitaus geringeren Wirkungsgrad, als die direkte energetische Nutzung von Biomasse (z.B. die Hackschnitzelpyrolyse im sog. Holzvergaser) oder die direkte Biomasseverflüssigung, deren Endprodukte als Energieträger eine höhere Energiedichte als Wasserstoff aufweisen und dabei noch einfacher handhabbar sind. Im Sinne einer CO2-Bilanz ist eine direkte Verwendung von Pyrolysegasen zum Antrieb eines Gasmotors sinnvoller.
 
Chloralkali-Elektrolyse:
Hierbei entstehen Wasserstoff H2 sowie Chlor Cl2 als Abfallprodukte bei der Gewinnung von Natron- NaOH oder Kalilauge KOH aus Lösungen von Chlorsalzen (z.B. NaCl, KCl) durch Elektrolyse. Dieses Verfahren findet im großtechnischen Prozessen seine Anwendung, wenn ein Bedarf an Laugen OH- besteht, lohnt sich aber zum Zweck der alleinigen Erzeugung von Wasserstoff wegen des niedrigen Wirkungsgrades und vor allem der entstehenden "Nebenprodukten" Chlorgas und aggressiven Laugen weder wirtschaftlich noch energetisch.
 
Elektrolyse von Wasser:
Bei der direkten Umwandlung von Wasser zu Wasserstoff wird mit Hilfe von zwei Elektroden unter Gleichstrom Wasser H2O (versetzt mit Elektrolyten zur besseren Leitfähigkeit) in molekularen Wasserstoff H2  an der Kathode und anodenseitig in molekularen Sauerstoff O2  zerlegt. Der energetische Wirkungsgrad dieser Elektrolyse liegt nur dann bei über 70 % und ergibt energiewirtschaftlich auch nur dann einen Sinn, wenn der dabei erzeugte reine Sauerstoff verwendet werden kann und nicht einfach an die Umgebungsluft abgegeben wird.
Gesamtbilanzlich wird dieser reine Sauerstoff an anderer Stelle bei der späteren Verstromung wieder an den Wasserstoff gebunden und bildet im stofflichen Kreislauf erneut den Ausgangsstoff der Elektrolyse.
 
Da sämtliche technischen Prozesse der Generierung von Wasserstoff aus fossilen Energieträgern oder Biomasse zu hohen energetischen Verlusten führen und klimatechnisch sehr bedenklich zu bewerten sind, da hierbei ebenfalls nicht unerhebliche Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid anfallen, setzen wir zugunsten der Wasserstofftechnologie den in der Realität nicht ganz erreichten energetischen Wirkungsgrad von 70% der Elektrolyse zur weiteren Berechnung an.
70% Wirkungsgrad bei Herstellung durch Elektrolyse von Wasser
 
 
2. Vertrieb, Lagerung und Betanken von Wasserstoff
 
Bei der Speicherung von Wasserstoff bieten sich zwei verschiedene technische Verfahren an:
Druckgasspeicherung in Druckbehältern durch Verdichten mit Kompressoren
Flüssiggasspeicherung in verflüssigter Form durch Kühlung und Verdichten
 
Der Energieaufwand für die Komprimierung von Wasserstoff auf 700 bar beträgt etwa 12% des Gesamtenergieinhaltes von Wasserstoff.
Alternativ kann Wasserstoff zu LH2 verflüssigt und unter Umgebungsdruck bei tiefen Temperaturen unter −252,8 °C (Siedepunkt 20,4 K) gelagert werden. Der Energieaufwand für die Verflüssigung beträgt je nach Menge und angewandter Methode 28% bis 46% des Energieinhaltes des Wasserstoffs. Gehen wir zur Vereinfachung von dem günstigsten Wert 28% aus, um nicht ein zu negatives Bild für diese Technologie abzugeben.
Auch der Transport von der Fabrik mit Tanklastzügen zu Tankstellen/Lagertanks kostet durch das große Volumen und die geringe Energiedichte bis zu 6% der eingesetzten Energie, bei LH2 etwas weniger, nur 4% - ein Vielfaches gegenüber der Verteilung von flüssigen Kraftstoffen von nur 0,2%
Das Umfüllen von LKW-Tank zu Tankstellentank und von dort zu Fahrzeugtank benötigt relativ wenig Energie, erzeugt aber jeweils zusätzliche Ausgasungsverluste. Zugunsten der Wasserstofftechnik wenden wir je einen realitätsfernen Wert von nur 2% an. Tatsächlich sind die Betankungsverluste höher.
Nachteilig ist bei LH2, dass durch die sehr niedrige Temperatur im Inneren eines Tanks auch bei bester Wärmedämmung ein Wärmestrom aus der Umgebung unvermeidbar ist. Das führt zu einer teilweisen Verdampfung des Tankinhalts, welcher bei unstetiger oder gar Nicht-Abnahme abgelassen werden muß (Boil-Off-Verluste) um einen Druckaufbau im Tank zu vermeiden. Auch hier gehen wir zugunsten der Wasserstofftechnik von einem nicht-reellen niedrigen Wert von nur 2% aus.
 
Somit ergeben sich folgende energetische Wirkungsgrade bei Speicherung, Vertrieb und Betankung von Wasserstoff ohne temp. Verluste bei Tankstellenspeicherung:
Druckgasspeicherung Komprimierung 12%, Transport 6%, Umfüllen LKW-Tank zu Tankstellentank 2%, Umfüllen Tankstellen zu PKW-Tank 2% = 79,4% Wirkungsgrad
Flüssiggasspeicherung Verflüssigung >28%, Transport 4%, Umfüllen LKW-Tank zu Tankstellentank 2%, Umfüllen Tankstellentank zu PKW-Tank 2%, Boil-Off-Verlust 2% = 65,1% Wirkungsgrad
65,1% bis 79,4% Wirkungsgrad bei Vertrieb, Lagerung und Betankung
 
 
3. Umwandlung in einer Brennstoffzelle
 
Die Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle kann stationär mit Wirkungsgraden von bis zu 50% betrieben werden. Der Nachteil dieser Systeme sind bei MCFC-Typ die hohe Betriebstemperatur von 650°C bzw. beim SOFC-Zellen von sogar 900°C.
Für den mobilen Einsatz in Fahrzeugen kommen daher nur PEFC bei 70°C und festem Elektrolyt mit Leistungen von etwa 250kW zum Einsatz, die einen Wirkungsgrad von bis zu 35% aufweisen bzw. bei PAFC-Zellen von bis zu 38% bei Betriebstemperaturen von 250°C.
Zugunsten der Wasserstofftechnologie ziehen wir hierbei den höheren elektrischen Wirkungsgrad zur weiteren Berechnung heran.
38% Wirkungsgrad der Brennstoffzelle
 
 
Technisch, physikalischer Gesamtwirkungsgrad
 
Die abschließende Berechnung des energetischen Gesamtwirkungsgrades aus den einzelnen Wirkungsgraden der Teilprozesse
70% Wirkungsgrad bei Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse
65,1% bis 79,4% Wirkungsgrad bei Vertrieb, Lagerung und Betankung
38% Wirkungsgrad der Brennstoffzelle
70% x 79,4% x 38% = 21,1% unter besten Voraussetzungen, bis etwa 17%
21% Wirkungsgrad des Gesamtsystems
 
Damit liegt dieser Wirkungsgrad sogar noch unter dem von verbrennungsmotorisch betriebenen Systemen !!!
 
 
 
5. Energetische Betrachtung
 
Die hier berechneten Wirkungsgrade für mobile Systeme von 17% bis 21% werden bei stationären Systemen, wie z.B. der kurzfristigen Energiespeicherung durch elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff, natürlich übertroffen, da hierbei u.a. keinerlei Transport-, Betankungs- und nur geringe Speicherverluste auftreten. Bei der Wasserstoffherstellung, -speicherung und anschließender Rückverstromung liegt der Wirkungsgrad stationärer Anlagen derzeit bei etwa 43%.
Wir haben hier lediglich mobile Systeme der Verstromung zu betrachten, es geht schließlich um Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb.
Ausgehend vom besten Wirkungsgrad von 21% ergeben sich dann folgende Werte:
 
Ein rein-elektrisch angetriebenes Fahrzeug benötigt etwa 17kWh/100km Energie.
 
Nimmt man einen äußerst ungünstigen Gesamtwirkungsgrad von nur 70% für einen rein-elektrisch angetriebenen PKW an, so ergibt sich eine Energieeffizienz inclusive Energiebereitstellung und -erzeugung (Well-To-Wheel = Energiequelle bis angetriebenes Rad) von 24,4 kWh/100 km für das energetisch verschwenderischste Fahrzeug eines frz. Herstellers, sämtliche Fahrzeuge anderer Hersteller weisen zum Teil deutlich bessere Werte auf. Dennoch, zugunsten der Wasserstofftechnologie verwenden wir diesen Wert und gehen ferner davon aus, daß die elektrische Energie zur Elektrolyse mit einem unrealistisch hohen Wirkungsgrad von 100% erzeugt wird.
Bei obigem Well-to-Wheel Wert des rein-elektrisch betriebenen PKW liegt dieser bei 85%, was eine realistischen Wert darstellt, aber wie bereits erwähnt: zugunsten der Wasserstofftechnologie...
 
Dann ergibt sich eine elektrische Primärenergie für einen PKW
rein-elektrisch angetriebenen 24,4 kWh/100 km
brennstoffzellenbetriebenen 80,6 kWh/100 km
und dabei haben wir stets zugunsten der Wasserstofftechnologie gerechnet.
In der Realität dürften Werte knapp unter 100 kWh/100 km erzielt werden. Das ist das Vierfache des Wertes eines rein-elektrisch angetriebenen PKWs.
Anders herum betrachtet: Ein batterie-elektrischer PKW kommt mit einem Viertel der Primärenergie eines Brennstoffzellen-Fahrzeugs aus.
Wozu dann der ganze Aufwand? Nur, damit man ohne Reichweitenlimit bzw. große Ladezeitverlusten am Stück tausende von Kilometern zurücklegen kann?
 
Dafür nutzen wir doch lieber, auch wenn mir persönlich als Fahrer von rein-elektrischen Fahrzeugen seit mehr als einem halben Jahrzehnt dies schwerfällt zu schreiben, verbrennungsmotorisch betriebene Automobile.
Dabei wird ein gesamtenergetischer Wirkungsgrad von immerhin 23 bis 32% erreicht und daraus ermittelt einen Primärenergieverbrauch von knapp 53 kWh/100 km bis 74 kWh/100 km erreicht, was „nur“ dem 2,2 bis 3-fachen eines batterie-elektrisch betriebenen Fahrzeugs entspricht.
Dabei wird neben dem Wirkungsgrad des Verbrenungsmotors selbstverständlich auch die Energiebereitstellung und -erzeugung, der Well-to-Station-Wirkungsgrad bei Diesel mit 90,1 %, Benzin mit 81,7 % und Erdgas mit 86 % angenommen.
Dennoch ist erschreckenderweise ein Verbrenner energetisch wirtschaftlicher als ein Brennstoffzellen-Fahrzeug, wobei jeder Verbrennungsmotor an sich schon weit schlechter arbeitet, als ein Elektromotor incl. Ladeverluste bei Akkus.
 
Übrigens, wem die obige Berechnung zu kompliziert erscheint, der kann mit dieser sehr vereinfachten „Berechnung“ zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen, welche sich auf der Herrentoilette des Kaiserhofs in der Nähe von Salzburg Link auf einem von zahlreichen A4-Blättern über die E-Mobilität wiederfindet:
Bei der Umwandlung von Strom bei der Elektrolyse zu Wasserstoff und anschließender Verstromung in der Brennstoffzelle eines PKWs gehen bis zu zwei Drittel der Energie verloren. Ein Serienauto mit Brennstoffzelle soll für 500km Reichweite ca. 6kg Wasserstoff benötigen. Das entspricht einem Tankvolumen von ca. 67 Kubikmeter. Für die Herstellung von EINEM Kubikmeter Wasserstoff per Elekrolyse müssen laut Wikipedia 4,3 bis 4,9 kWh an Strom aufgebracht werden.
Macht also ca. 61 kWh pro 100km, zzgl. etwa 12% der Energie zum Komprimieren derselben, insgesamt also ungefähr 67 kWh/100km.
Laut Bericht des Umweltbundesamtes zum Strom-Mix 2013 (366g CO2/kWh) entspricht das knapp 250g CO2 pro Kilometer. Damit ist DAS eines der KLIMAFEINDLICHSTEN Fahrzeuge überhaupt.
 
Naja, so heftig würde ich das nicht ausdrücken, aber hiermit haben wir eine prima Überleitung zu den CO2-Äquivalenten und kommen zu...
 
 
6. klimatische Betrachtung in CO2-Äquivalenten
 
Ein rein-elektrisch betriebener PKW mit einem Energieverbrauch von 17 kWh/100 km erzeugt bei der Generierung, Transport, Ladung und Umwandlung durch einen E-Motor in Bewegungsenergie
8,3 kg CO2 bei Verwendung des Drittel-Strom-Mix
1,3 kg CO2 bei Verwendung von Solarstrom
0,6 kg CO2 bei Verwendung von Ökostrom
0,4 kg CO2 bei Verwendung von Strom aus Wind- oder Wasserkraftwerken
 
Sie können diese Werte in unserem CO2-Rechner Link selbst nachrechnen lassen
 
Ausgehend von einem realitätsfernen, aber zugunsten der Wasserstofftechnologie geringen Wert von 80,6 kWh/100 km eines Brennstoffzellenfahrzeugs werden
39,5 kg CO2 bei Verwendung des Drittel-Strom-Mix
  6,0 kg CO2 bei Verwendung von Solarstrom
  2,8 kg CO2 bei Verwendung von Ökostrom
  2,0 kg CO2 bei Verwendung von Strom aus Windkraftwerken
  1,9 kg CO2 bei Verwendung von Strom aus Wasserkraftwerken
freigesetzt, sofern der für den Betrieb der Brennstoffzelle benötigte Wasserstoff elektrolytisch unter Verwendung von elektrischer Energie, generiert mit obigen Kraftwerken, erzeugt wurde.

Das macht also 395 Gramm CO
2 pro Kilometer. Sie erinnern sich, bei der Aufstellung der Zahlen in der Herrentoilette des Kaiserhofs war „nur“ von 250 Gramm die Rede. Naja, da waren auch keinerlei energetische Verluste bei der Elektrolyse, sowie keine stofflichen Verluste bei Vertrieb, Lagerung und Betankung mit eingerechnet. Dafür war dann auch der Energieverbrauch eines batterieelektrischen PKWs mit nur 15 kWh/100 km angegeben, was sich leider nicht ganz ausgleicht, da die Umwandlung von elektrischer in chemischer und wieder elektrischer Energie bei Wasserstoff energetisch verlustreicher ist, als beim identischen energetischen Weg über Akkus.
 
 
7. Wirtschaftlichkeitsberechnung
 
Es mag viele Leute geben, für die stehen die monetären Vor- bzw. Nachteile einer Technologie im Vordergrund, deshalb nun der Versuch einer Berechnung.
Sie wundern sich über das Wort „Versuch“? Naja, das ist darin begründet, daß es für Wasserstoff überhaupt keinen Marktpreis gibt. Er orientiert sich am Gaspreis und nicht an den Herstellungskosten für dieses Produkt.
Ohne einen Marktpreis für Wasserstoff, ähnlich wie es Marktpreise für Gas, Benzin, Diesel oder elektrischen Strom gibt, ist eine fundierte Kalkulation natürlich nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben wurde.
Dennoch, frisch ans Werk am Beispiel eines Hyundai ix35 Fuel Cell !
 
rein-elektrisch angetriebenen 17 kWh/100 km x 27ct/kWh = 4,59 Euro je 100km
brennstoffzellenbetriebenen 0,95kg/100 km x 10 Euro/kg = 9,50 Euro je 100km
 
Auch hier sind wir zugunsten der Wasserstofftechnologie von den Verbrauch laut Herstellerangabe, statt des tatsächlichen 1,3-fachen Wertes, beim Brennstoffzellen-PKW und dem realen Verbrauchswert beim E-Auto von 17 kWh/100 km statt der geringeren Herstellerangabe ausgegangen, wohl wissend daß dies das Ergebnis zugunsten des Brennstoffzellenfahrzeugs verfälscht.
 
... und ein Benziner?
7,80 Euro bei 4,5 bis 7,5 L/100km im Drittelmix* und 1,30 EUR/L Benzinpreis
*Die Herstellerangabe von 6,7 L Superbenzin pro 100 km kann durchaus bezweifelt werden, aber auch hier zugunsten des Brennstoffzellenfahrzeugs.
 
Tatsächlich müsste der Wert des Brennstoffzellenfahrzeugs auf 12,20 Euro je 100 km
dem realen Verbrauch angepasst werden, um mit den beiden anderen Antriebsarten verglichen zu werden, da wir dort nicht von Herstellerangaben ausgegangen sind.
 
energetisches Fazit 1: Der Gesamtwirkungsgrad eines Brennstoffzellenfahrzeugs liegt bei unter 25%, der eines Elektrofahrzeugs bei deutlich über 90% bei Verwendung erneuerbarer Energien, wenn man nicht gerade ein Fahrzeug von Renault fährt. Eine Umwandlung von elektrischer in chemische Energie über Wasserstoff macht daher wirklich wenig Sinn. Da ist die chemische Speicherung in Akkus deutlich besser.
ökologisches Fazit 2: ab dem ersten Kilometer kommt Ihre Umwelt 4x günstiger weg, wenn Sie batterieelektrisch statt mit Wasserstoff fahren. Selbst ein deutlich ökologisch ungünstiger Verbrenner ist da, abgesehen von der Feinstaubbelastung, noch besser.
ökonomisches Fazit 3: falls Sie gerne doppelt so teuer unterwegs sind, als bei rein-elektrisch betriebenen Autos, dann ist die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle das Richtige für Sie. Von den Gesamtkosten für das Fahrzeug incl. aller Nebenkosten und vor allem dem darin noch nicht einkalkulierten sehr hohen Anschaffungspreis von Brennstoffzellenfahrzeugen mal ganz abgesehen.
logisches Fazit 4: Bei jeder Energieumwandlung fallen „Verluste“ an, es existiert schlichtweg kein Verfahren, das 100% der eingesetzten Energie wieder in einer anderen Energieform abzugeben in der Lage ist. Zusätzlich muß noch mit technisch bedingten „Verluste“ gerechnet werden. All dies bestimmt den Wirkungsgrad eines Systems zur Energieumwandlung. Weshalb also elektrische Energie in einem mobilen System in Form von Wasserstoff speichern, um diesen dann wieder in elektrische Energie zum Antrieb in einer Brennstoffzelle zu wandeln? Nur der schnellen Betankung wegen? Das ist derzeit der einzige Grund so zu verfahren, aber Sinn macht dies weiters nicht.
Niemand kann künftige Technologien vorhersagen. Vielleicht ergibt sich künftig ein dahingehend etwas technisch weiter ausgereiftes System? Könnte sein, genauso wie es sein könnte, daß sich in Sachen batterieelektrischer Speichertechnologien etwas tun wird... Graphen-Akkus könnten sich hinsichtlich der Zyklenzahl und Ladezeit in den kommenden Jahren hervortun. Link
 
sämtliche Werte basieren auf Zahlen aus 10/2017 ohne kalk. Verzinsung oder inflationärer Bestandteile, bzw. zukünftiger Preisänderungen.
 
Vielen Dank an IFEU-Mitglied Clemens, der als Ingenieur für brennbare Gase, vor einiger Zeit mich zu diesem Beitrag inspirierte, auch wenn ich ihn einfach nicht überzeugen konnte, selbst etwas darüber zu schreiben :-)
 
Thomas Scharpf                               Photo: Markus Königsdorfer
 
Mittwoch, 1. November 2017
wie effizient ist eigentlich
ein Brennstoffzellenantrieb ?
 
Hier ist nicht nur der Wirkungsgrad oder die Energieeffizienz gefragt, sondern auch die Kosten, sowie die Ökobilanz gefragt.
Übersicht
aller Berichte